Sonntag, 4. November 2018

Deborah Feldmann „unorthodox“ und „Überbitten“

Ich hatte das Buch „unorthodox“ schon lange auf meiner Leseliste. Ich weiß nicht, warum ich es so lange aufschob, es zu kaufen und zu lesen. Die jüdische Kultur hat mich von jeher wie so vieles interessiert. Nur hatte ich keinen Kontakt damit. Im Osten Deutschlands, wo ich aufwuchs, stilisierte sich die Gesellschaft als antifaschistisch. Über die Juden wurde nur gesprochen, wenn man die Nazis anprangerte, und das geschah beinahe täglich. Aber über die jüdische Kultur erfuhr man nichts. Es wurde nur, und das gefühlt täglich, in der Schule hervorgehoben, was die Nazis den Juden Schreckliches angetan haben. Wie viele Opfer, welche Grausamkeiten, diese en Detail. Bereits in der Grundschule, in der ersten Klasse wurden wir in das ehemalige KZ Sachsenhausen geführt. Die Verbrennungsöfen, die Erschießungsanlage und die Lampe mit dem Schirm aus Menschenhaut haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. 
Über die jüdische Kultur erfuhr ich erst viel später, auf meiner Reise nach Israel 2013 und aus verschiedenen Büchern, wie nun auch aus diesem von Deborah Feldmann. 
Sie beschreibt, welche Folgen der Holocaust speziell für ihre Familie hatte und welche Auswirkungen damit auf ihr eigenes Leben. Ihre Großeltern hatten die Schreckenszeit überlebt. Deborah wächst bei Ihnen auf. Sie verbringt ihre Kindheit in einer nahezu abgeschlossenen Welt, einem Viertel Brooklyns, in dem überwiegend orthodoxe Juden wohnen. Die Gemeinschaft ist der Meinung, sie müsse sich extrem an die Gesetze der Thora halten. Denn, so sagen sie, weil die Juden zu weltlich wurden, weil sie sich zu sehr an die modernen Gesellschaften, in denen sie lebten, anpassten, sandte ihnen Gott den Holocaust. Um so etwas für immer zu verhindern, leben sie nun in einer orthodoxen Gemeinschaft, in der das „Gesetz“ über allem steht. Verboten, verboten, verboten! Das ist der Alltag von Deborah Feldmann.