Mittwoch, 28. Dezember 2016

Michel Houellebecq „Unterwerfung“

Manchmal frage ich mich, warum es bestimmte Bücher auf die Bestsellerlisten schaffen, z.B. dieses von Houellebecq. Ich hatte früher schon versucht, Bücher von ihm zu lesen und habe sie stets beiseite gelegt, weil mir die ausführliche Darstellung der pessimistischen Lebenshaltung der Protagonisten zu anstrengend war.
Dieses las ich zu Ende, weil es so viel Aufregung in den Medien nach Erscheinen gab. Allerdings konnte ich nicht finden, was viele Kritiker meinten dort beschrieben zu sehen.

Auf dem Buchrücken heißt es u.a. „Schonungslos und mit großer erzählerischer Kraft zeigt Michel Houellebecq in seinem bislang wohl kontroversesten Roman, wie sich Menschen freiwillig in ein System fügen, das alle Grundwerte der westlichen Welt verneint.“ 
Menschen? Männliche Hochschullehrer wäre richtiger! Denn Houellebecq zeigt in diesem Roman ausschließlich, dass nach und nach einige Hochschullehrer zum Islam konvertieren, angetan davon, dann doch noch eine Frau oder gar mehrere zu finden. Frauen, die ihnen dienen werden, weil sie in der neuen Gesellschaft diese und nur diese Rolle haben. Aber sonst? Welche Grundwerte werden noch verneint? Beschreibt er weitere gesellschaftliche Bereiche? Beschreibt er, wie die Frauen mit der neuen Gesellschaft klar kommen? Stößt der Protagonist auf andere Schwierigkeiten als die, die er zuvor schon hatte? Nein. Es geht lediglich um das armselige Leben des Hochschullehrers François, der zu keiner Zeit Glück empfindet (klar: seine Kindheit war auch ein Desaster!), aber nun nach dem Sieg der muslimischen Partei bei demokratischen Wahlen, doch endlich einen Funken Hoffnung hat, da er sich als Moslem eine Frau (oder auch mehrere) über eine Heiratsvermittlerin wird aussuchen können.

Was also hat die Diskussion bei Erscheinen dieses Buches so hitzig werden lassen? Die Tatsache, dass jemand das Gedankenexperiment wagt, nicht eine rechte sondern eine muslimische Partei könnte die Wahl gewinnen? Und es so darstellt, dass alle, die dies jetzt als schrecklich beschwören, sich schließlich (auch) diesem System andienen, ja es sogar als für sich vorteilhaft empfinden würden? Das ist aus meiner Sicht nicht besonders aufregend, sondern vorhersehbar, weil menschlich. 

Dieses Buch gehört jedenfalls nicht zu den Büchern, die ich weiterempfehlen würde. Auch Schonungslosigkeit oder große erzählerische Kraft konnte ich beim Lesen nicht empfinden. Eher hatte ich an manchen Stellen das Gefühl ein pornografisches Buch in der Hand zu halten.


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