Wieder eine Jahrhundert- Trilogie über das zwanzigste. Diejenige von Ken Follett las ich schon und nun gibt es eine weitere. Diese geschrieben von einer Frau. Die Sicht und die Schauplätze nicht so international. Die Romane spielen durchweg in Hamburg und Umgebung.
Dass es eine Trilogie ist, weiß ich allerdings erst seit heute. Ich hatte die beiden o.g. Titel meiner Mutter geschenkt. Eigentlich verschenke ich keine Bücher, die ich selbst noch nicht gelesen habe. Aber bei diesen beiden war ich mir sicher, dass es kein Fehlgriff sein kann. Wie recht ich damit hatte! Nachdem meine Mutter beide Bücher gelesen hatte, bekam ich sie geliehen und ich war froh, gleich beide zu Hause zu haben.
Carmen Korn erzählt das Leben von vier Frauen. Vier Freundinnen. Keine große Politik. Das Leben einfach, zwar beeinflusst von der Politik, erschüttert auch durch diese. Aber die Politik steht nicht im Vordergrund.
Dort finden sich die tausend Kleinigkeiten, die das Leben eben ausmachen. Und gerade das ist interessant. Wie lebten die „kleinen Leute“? Welche Sorgen hatten sie? Wie wurde damals gewaschen, gekocht, wie Vorräte angelegt? Ich glaube, für nachfolgende Generationen wird die Lektüre solcher Bücher noch interessanter sein, als für die meine.
Schon für uns ist doch das Leben ohne Waschmaschine, Fernseher, Elektroherd etc. kaum zu denken. Geschweige denn der Einfallsreichtum beim Beschaffen und Zubereiten von Essen in den ersten Jahren nach den Kriegen. Wie selbstverständlich ist uns Kaffee heute? Damals war er ein Luxusartikel. Überhaupt: wie viel Essen wandert heute in den Müll? Wie achtlos gehen wir damit um?
Oder ein anderes Thema: Heute schreibt doch kaum noch jemand Postkarten oder Briefe. Mancher hat jetzt wieder kein Telefon zu Hause, aber nicht wie damals, weil es das nur für Privilegierte gibt, sondern weil man es immer in der Hosentasche mit sich herumträgt und darum keinen Apparat mehr in der Wohnung benötigt…
Wie reagiert denn heute jemand, der nicht unmittelbar Antwort auf eine Sms oder andere Nachrichten bekommt? Da wird gleich noch 10x geschrieben und nachgefragt! Dass es Zeiten gab, in denen man ohnehin lange auf Post warten musste und manchmal sogar Jahre nicht wusste, ob einer noch lebt oder nicht, gehört für Menschen meiner Generation zu den Erinnerungen unserer Großmütter und ist für die digitale Generation sicher schlicht unvorstellbar.
Auch der Umgang miteinander in allen seinen Facetten, die Rechtlosigkeit von Frauen und Kindern, Regeln und Rituale, deren Berechtigung- alles hat sich in nur hundert Jahren radikal verändert.
Und doch gibt es Vieles, das bis heute so ist, wie es damals auch war. Weil Menschen die Hauptrolle spielen. Menschen mit allen ihren Eigenheiten, mit guten und schlechten Seiten, mit ihren Gefühlen und Wünschen und Hoffnungen. Das alles überdauerte die Zeiten, egal wie digital unser Leben heute ist. Wir sehnen uns auch heute noch nach Nähe und Liebe und Zuwendung, nach Freundschaft, danach gebraucht zu werden…
Carmen Korn schreibt von all dem so, dass ich mich in die Geschichte hineingezogen fühlte. Ich war während der Lektüre Teil des Lebens dieser Menschen und vor allem darum so froh, dass ich am Ende des ersten Bandes gleich weiterlesen konnte, da der zweite bereits im Regal lag. Die Autorin lässt den ersten Band nämlich damit enden, dass Henny, die Hauptperson des Buches, meint, ihre Freundin Käthe gesehen zu haben. Hat Käthe den zweiten Weltkrieg überlebt oder wünscht sich das Henny nur so sehr, dass sie darum meint, ihre Freundin gesehen zu haben?
Als ich das zweite Buch aus der Hand legte, dachte ich- da ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, dass es einen dritten Band gibt- nun gut, ein offenes Ende. Ist ja eine Möglichkeit. Kann der Leser weiterspinnen, sich ausdenken, was werden wird mit dem Kind, das in Florentine heranwächst, der Tochter von Hennys Freundin Ida.
Seit heute weiß ich, dass ich es nachlesen kann, im dritten Band, der den Titel „Zeitenwende“ trägt.
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