Ich schreibe hier über zwei Bücher in einem Beitrag, weil „Jaffa Road“ die Fortsetzung der Geschichte aus „Piccola Sicilia“ erzählt. Man kann beide Bücher auch unabhängig voneinander lesen, aber insbesondere bei „Piccola Sicilia“ bleiben dann Fragen offen. Als ich das Buch kaufte, wusste ich nicht, dass es eine unvollständige Geschichte enthält. Einmal begonnen, fiel es mir schwer, das Buch wegzulegen, aber 615 Seiten liest man nicht an einem Stück, man muss ja auch mal was essen oder trinken oder sich bewegen… Jedenfalls wusste ich am Ende des Buches, dass ich die Fortsetzung unbedingt lesen müsste, was ich nun, da das Buch erschien, auch umgehend tat.
Nina, eine junge Archäologin, erhält einen Anruf von einem Studienfreund, der vor der Küste Siciliens das Wrack eines deutschen Flugzeugs aus dem zweiten Weltkrieg geortet hat, das er heben will. Darin fand er eine Kamera mit eingravierten Initialen. Diese Kamera könnte Ninas Großvater, Moritz Reincke, gehört haben, der als Fotograf der Wehrmacht in Tunis stationiert war und nie zurückgekehrt ist. Ihre Großmutter Fanny, mit der er sich verlobt hatte, war schwanger, als er in den Einsatz ging. Seine Tochter Anita hat er nie kennengelernt. Seine Enkeltochter Nina hatte nie erschöpfende Antworten auf ihre Fragen nach dem Großvater erhalten. Obwohl oder gerade weil Nina gerade die Trennung von ihrem Ehemann verarbeiten muss, begibt sie sich nach Sizilien, um Patrice bei seiner Arbeit zu helfen.
Vor Ort lernt sie Joëlle Sarfati kennen, die behauptet, die Tochter von Ninas Großvater zu sein. Nina ist verwirrt und fragt sich: „Wenn das Fundament, auf dem die eigene Welt gebaut ist, nicht der Wahrheit entspricht, wie leicht ist man dann zu erschüttern?“ Auch Joëlle ist verwirrt, war sie doch der Meinung, dass Maurice, wie Moritz für sie hieß, zurück nach Deutschland gegangen war und dort mit seiner „anderen“ Familie gelebt hätte. Sie ist überzeugt davon, dass Moritz‘ Überreste in dem Wrack nicht zu finden sein werden, sondern dass er noch lebt, auch jetzt noch. Ein alter Mann, der mehrere Leben lebte und dessen Gegenwart sie zu spüren meint.
In „Piccola Sicilia“ erzählt Daniel Speck, die Lebensgeschichten von Moritz Reincke, Nina und Joëlle. Die Geschichte von Moritz Reincke endet in diesem Buch kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Moritz flieht mit Joëlles Mutter Yasmina, einer Jüdin, und Joëlle nach Palästina.
In „Jaffa Road“ wird dann sein weiteres Leben erzählt und es stellt sich heraus, dass Joëlle mit ihrer Vermutung, er würde noch leben, recht hatte. Dieses zweite Buch kann man auch lesen, ohne das erste zu kennen, da entsprechende Bezüge hergestellt werden. Aber umfassender ist es natürlich beide zu lesen.