Sonntag, 1. Februar 2015

Patrick Modiano „Im Café der verlorenen Jugend“

Paris zu Beginn der sechziger Jahre. Ein Café namens Condé. Eine Gruppe Bohémiens. Louki, die auch Jaqueline heißt. Der Mann mit der Wildlederjacke, der sich Roland nennt. Neutrale Zonen. Schwarze Löcher. Eine Straße mit Wohnungen für Verschollene. Eine Frau, die Totenkopf genannt wird…

Vieles an diesem Buch ist mystisch. Es fesselt nicht. Es plätschert wie Wellen bei Windstille am Strand. Unaufhaltsam. Rätselhaft. Ich las immer weiter. Einen Sog entwickelte es also doch. Wie jene sanften Wellen am Strand auch ihren sanften Sog ausüben.

Viele Straßennamen werden genannt. Namen von Cafés, von Restaurants. Ich bekam Lust, mit diesem Buch in der Hand, mich über einen Stadtplan zu beugen und die Wege nachzuzeichnen, die Modiano seine Figuren gehen lässt. Oder nach Paris zu reisen, um selbst diese Wege entlangzuschlendern.

Ein Mann, den sie im Condé Capitaine nannten, schrieb in ein Buch jeden Abend die Namen der Gäste. Er meinte, in einer großen Stadt brauche man Fixpunkte und wenn man aufschrieb wo wer sich wann befand, dann würde man solche Fixpunkte schaffen. Diese Idee gefiel mir.

Angst vor Vergessen. Angst vor Anonymität. Angst verloren zu gehen. Angst gefunden zu werden. Angst erkannt zu werden. Angst vor den Geistern der Erinnerung. Alles gleichzeitig.

Dann solche Sätze: „…ein weißes Licht, das die Stille noch verstärkte.“


Es ist ein Buch, das melancholisch stimmt. Kein fesselnder oder mitreißender Roman. Eher ein langsamer Spaziergang durch die menschliche Seele vor der Kulisse des Paris der sechziger Jahre.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ich freue mich immer über Nachrichten/ Kommentare und daraus entstehenden Austausch :)