Montag, 30. März 2015

Ken Follett „Die Säulen der Erde“ und „Die Tore der Welt“

Diese Mittelalterromane von Ken Follett schildern eindrucksvoll die unglaubliche Armut, den Hunger, den Kampf ums Überleben des einfachen Menschen aus dem Volk. Die Gedanken, die sich die Erbauer der großen Kathedralen machten, der Idealismus und Enthusiasmus, der ihre Arbeit vorantrieb, ist so lebensnah beschrieben, wie die Gewalt, die Grausamkeit und das Spiel von Macht und Intrigen, das zu dieser Zeit das Leben der Menschen bestimmte.
Auch in diesen Büchern gelingt es Ken Follett wieder, den Leser in seinen Bann zu ziehen, indem er historische Ereignisse mit den Schicksalen einzelner Menschen verwebt.
Das Leben des einfachen Menschen hing in jener Zeit so sehr von den Mächtigen ab, dass es mich oft unglaublich aufregte. Diese völlige Hilflosigkeit gegenüber der Willkür des Lehnsherrn, die Rücksichtslosigkeit und Gewalt, der die Menschen ausgesetzt waren und die sie sich gegenseitig antaten, erschütterte mich zutiefst, auch wenn ich natürlich davon gehört hatte. Darüber aber zu lesen in einem Roman, mit dessen Figuren ich fühlte, stellte eine Erfahrung von Geschichte dar, wie sie ein noch so guter Geschichtsunterricht wohl kaum vermitteln kann.
Deutlich wird in diesen beiden Romanen aber auch, wie viel Macht das Volk hat und wie viel sich zum Guten wenden kann, wenn sich Menschen, die sich ihre Menschlichkeit bewahrt haben, zusammenschließen und klug und entschlossen handeln.

Viel hat sich seit damals, zumindest in Europa und weiten Teilen der Welt verändert. Krankheiten wie die Pest sind ausgerottet oder können zumindest nicht mehr ganze Dörfer ausrotten (auch wenn Ebola gezeigt hat, dass dies immer noch möglich ist). Die sogenannte Zivilisation hat sich rasant entwickelt, die Technik beherrscht unser Leben. Wir haben es warm, keiner muss mehr wirkliche Not leiden. Scheinbar niemand ist mehr derartiger Willkür ausgeliefert und kann, zumindest theoretisch, sein Leben so gestalten, wie er es sich erträumt.
Eines aber hat sich nicht verändert: die menschlichen Eigenschaften. Neid, Missgunst, Gier und Machtstreben, das Bedürfnis, erreichte Privilegien mit allen Mitteln, egal welchen, erhalten zu wollen, führen nach wie vor zu Intrigen, zu Bestechungen, zu sinnlosen Entscheidungen, zu Hunger, Not und Elend. Meistens ist es hier im unmittelbaren Umfeld nicht zu sehen. Es ist verlagert, in andere Regionen der Welt oder gut verborgen. Dass es uns so gut geht, geschieht jedoch immer noch auf Kosten des Glücks anderer Menschen.
Insofern stellte sich mir die Frage beim Lesen dieser Bücher: was muss geschehen, damit die positiven Eigenschaften der Menschen die Oberhand gewinnen und behalten, damit alle Menschen die Möglichkeit zu einem glücklichen Leben haben? Die Antworten auf diese Frage sind vielfältig…

Noch etwas wurde deutlich in diesen beiden Romanen: wie viel ein Einzelner erreichen kann, wenn er entschlossen, mutig, engagiert und ausdauernd ein Ziel verfolgt. Im ersten Roman bspw. schafft es ein junges Mädchen, sich ein florierendes Handelsunternehmen aufzubauen, obwohl sie so gut wie nichts besaß, obwohl sie gedemütigt und seelisch tief verletzt war und als Frau ohnehin eigentlich keine Aussicht hatte, in diesem Bereich etwas zu erreichen. Dieser eiserne Willen zum Leben ist vielen Figuren in Ken Folletts Romanen eigen.
Diesbezüglich stellte sich mir eine weitere Frage: wie werden die Kinder der sogenannten Zivilgesellschaften von heute mit den Widrigkeiten des Lebens umgehen? Diese Kinder, die wegen eines Schnupfens zwei Wochen zu Hause bleiben, deren Eltern die Lehrer verklagen, wenn ihre Schätzchen nicht die Noten erhalten, die die Eltern sich erträumen? Was täten diese Kinder, wenn sie plötzlich nicht mehr in all den Selbstverständlichkeiten leben könnten, die sie jetzt umgeben? Anstrengungsbereitschaft, konstruktiver Umgang mit Misserfolgen oder Hindernissen sind Fähigkeiten, die viele der jüngeren Generation leider heute nicht mehr erwerben… und was bedeutet das für die weitere Entwicklung der sogenannten modernen Welt?


Durch das Lesen dieser beiden Romane kann sich Manches, das heute als Problem dargestellt wird, als das herausstellen, was es ist: Jammern auf hohem Niveau, Hilflosigkeit, die fehlende Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und die Unfähigkeit mit den Widrigkeiten des Lebens, die es immer geben wird, konstruktiv umzugehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ich freue mich immer über Nachrichten/ Kommentare und daraus entstehenden Austausch :)