Diese
Mittelalterromane von Ken Follett schildern eindrucksvoll die unglaubliche
Armut, den Hunger, den Kampf ums Überleben des einfachen Menschen aus dem Volk.
Die Gedanken, die sich die Erbauer der großen Kathedralen machten, der
Idealismus und Enthusiasmus, der ihre Arbeit vorantrieb, ist so lebensnah
beschrieben, wie die Gewalt, die Grausamkeit und das Spiel von Macht und Intrigen,
das zu dieser Zeit das Leben der Menschen bestimmte.
Auch in
diesen Büchern gelingt es Ken Follett wieder, den Leser in seinen Bann zu
ziehen, indem er historische Ereignisse mit den Schicksalen einzelner Menschen
verwebt.
Das
Leben des einfachen Menschen hing in jener Zeit so sehr von den Mächtigen ab,
dass es mich oft unglaublich aufregte. Diese völlige Hilflosigkeit gegenüber
der Willkür des Lehnsherrn, die Rücksichtslosigkeit und Gewalt, der die Menschen
ausgesetzt waren und die sie sich gegenseitig antaten, erschütterte mich zutiefst,
auch wenn ich natürlich davon gehört hatte. Darüber aber zu lesen in einem
Roman, mit dessen Figuren ich fühlte, stellte eine Erfahrung von Geschichte
dar, wie sie ein noch so guter Geschichtsunterricht wohl kaum vermitteln kann.
Deutlich
wird in diesen beiden Romanen aber auch, wie viel Macht das Volk hat und wie
viel sich zum Guten wenden kann, wenn sich Menschen, die sich ihre
Menschlichkeit bewahrt haben, zusammenschließen und klug und entschlossen
handeln.
Viel
hat sich seit damals, zumindest in Europa und weiten Teilen der Welt verändert.
Krankheiten wie die Pest sind ausgerottet oder können zumindest nicht mehr
ganze Dörfer ausrotten (auch wenn Ebola gezeigt hat, dass dies immer noch
möglich ist). Die sogenannte Zivilisation hat sich rasant entwickelt, die Technik
beherrscht unser Leben. Wir haben es warm, keiner muss mehr wirkliche Not
leiden. Scheinbar niemand ist mehr derartiger Willkür ausgeliefert und kann,
zumindest theoretisch, sein Leben so gestalten, wie er es sich erträumt.
Eines
aber hat sich nicht verändert: die menschlichen Eigenschaften. Neid, Missgunst,
Gier und Machtstreben, das Bedürfnis, erreichte Privilegien mit allen Mitteln,
egal welchen, erhalten zu wollen, führen nach wie vor zu Intrigen, zu
Bestechungen, zu sinnlosen Entscheidungen, zu Hunger, Not und Elend. Meistens
ist es hier im unmittelbaren Umfeld nicht zu sehen. Es ist verlagert, in andere
Regionen der Welt oder gut verborgen. Dass es uns so gut geht, geschieht jedoch
immer noch auf Kosten des Glücks anderer Menschen.
Insofern
stellte sich mir die Frage beim Lesen dieser Bücher: was muss geschehen, damit
die positiven Eigenschaften der Menschen die Oberhand gewinnen und behalten,
damit alle Menschen die Möglichkeit zu einem glücklichen Leben haben? Die
Antworten auf diese Frage sind vielfältig…
Noch
etwas wurde deutlich in diesen beiden Romanen: wie viel ein Einzelner erreichen
kann, wenn er entschlossen, mutig, engagiert und ausdauernd ein Ziel verfolgt.
Im ersten Roman bspw. schafft es ein junges Mädchen, sich ein florierendes
Handelsunternehmen aufzubauen, obwohl sie so gut wie nichts besaß, obwohl sie
gedemütigt und seelisch tief verletzt war und als Frau ohnehin eigentlich keine
Aussicht hatte, in diesem Bereich etwas zu erreichen. Dieser eiserne Willen zum
Leben ist vielen Figuren in Ken Folletts Romanen eigen.
Diesbezüglich
stellte sich mir eine weitere Frage: wie werden die Kinder der sogenannten Zivilgesellschaften
von heute mit den Widrigkeiten des Lebens umgehen? Diese Kinder, die wegen
eines Schnupfens zwei Wochen zu Hause bleiben, deren Eltern die Lehrer
verklagen, wenn ihre Schätzchen nicht die Noten erhalten, die die Eltern sich
erträumen? Was täten diese Kinder, wenn sie plötzlich nicht mehr in all den
Selbstverständlichkeiten leben könnten, die sie jetzt umgeben?
Anstrengungsbereitschaft, konstruktiver Umgang mit Misserfolgen oder
Hindernissen sind Fähigkeiten, die viele der jüngeren Generation leider heute
nicht mehr erwerben… und was bedeutet das für die weitere Entwicklung der
sogenannten modernen Welt?
Durch
das Lesen dieser beiden Romane kann sich Manches, das heute als Problem dargestellt
wird, als das herausstellen, was es ist: Jammern auf hohem Niveau,
Hilflosigkeit, die fehlende Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und die
Unfähigkeit mit den Widrigkeiten des Lebens, die es immer geben wird,
konstruktiv umzugehen.
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