Was
will der Autor mir mit seinem Text sagen? Diese Frage stellte ich mir beim
Lesen dieses Buches immer wieder. Ich gab die Hoffnung nicht auf, dass es
irgendwann heller werden würde, der Frühling käme, sozusagen. Nicht nur in der
Natur, sondern auch im Leben des fast fünfzigjährigen Protagonisten Lennard
Salm. Aber kann noch Frühling kommen im Herbst des Lebens? Oder geht es nur
noch abwärts und hat alles eh keinen Sinn mehr?
Salm,
wie Lennard Salm meistens nur kurz heißt, hatte wohl eine Mutter, die unfähig
war, ihren Kindern Wärme und Liebe zu geben. Die „nordische Königin“ nennt er
sie. Der Vater war auch ein Opfer ungünstiger Lebensumstände, aber für ihn empfindet
der Sohn liebevolle Zuneigung. Aus meiner Sicht der einzige, flackernde Lichtstreif.
Der Vater wird beschrieben als einer, der selbst immer freundlich und
verständnisvoll war. Der Sohn erlangt mit provokativer Kunst Berühmtheit, lebt
eine Zeit lang in New York…
Der
Leser lernt ihn jedoch erst kennen, als er in einer tiefen Sinnkrise steckt.
Winter außen wie innen.
Jedenfalls
reist Salm nach Hamburg, um an der Beerdigung seiner Schwester teilzunehmen. Er
beschreibt diese Stadt als düster, und verkommen. Wilhelmsburg, wo sein Vater
wohnt, muss entsetzlich heruntergekommen sein. Nichts dort ist schön. Auch dort
alles am Zerfallen. Die Straße löchrig und nur notdürftig geflickt, die Haustür
zerkratzt und beschmiert, die Läden überwiegend geschlossen…
Ja,
klar, es gibt das alles. Gerade im Winter ist es dann besonders schlimm. Und
wegen des fehlenden Lichts verfallen gerade im Winter viele in Depression. Weiß
man ja. Aber muss man das auf dreihundert Seiten beschreiben? Welchen Sinn hat
das?
Salm
scheint durchaus sehr warmherzig zu sein. Er hilft einer alleinerziehenden
Mutter und einer alten Frau. Er kümmert sich um ein halbverhungertes Pferd, das
einem Jugendlichen aus dem Haus zuläuft. Er versucht, dem Jungen einen gewissen
Halt zu geben. Er liebt seinen Vater und seine jüngere Schwester Bille. Das ist
alles sehr sympathisch. Dennoch scheint ihm sein eigenes Leben aus den Händen
zu gleiten. Wenn man ihn betrachtet, seinen Gedanken lauscht, seinen Schritten
folgt, sich anschaut, was er sieht… dann spürt man diese Schwere, diese
Aussichtslosigkeit, die er empfindet. Aber ich fragte mich immer wieder: Warum?
Warum ist für ihn alles so düster? Weil seine Schwester starb, zu der er kaum
Kontakt hatte? Ist es, WEIL er kaum Kontakt zu ihr hatte, kaum etwas von ihr
wusste? Oder hat der Mann einfach nur das, was allgemein als Midlife- Crisis
bezeichnet wird?
Ich
merkte, während ich las, dass ich selbst zeitweise ganz melancholisch wurde. Das
lag sicherlich daran, dass Rolf Lappert sehr detailreich und wortgewaltig die
Menschen und ihre Umgebung beschreibt. Darum habe ich das Buch auch bis zu Ende
gelesen. Diese Sprache gefiel mir. Und wie gesagt: ich hoffte, die ganze Zeit,
dass sich irgendetwas auftut für Lennard Salm, dass es wenigstens ein
klitzekleines Zipfelchen Hoffnung gäbe. Aber nein. Eine solche Fortsetzung muss
der Leser, wenn er denn will, sich selbst ausmalen.
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