Eigentlich
lese ich nicht gern Science Fiktion- Romane. Aber meine Tochter gab mir den
ersten Teil der Trilogie „Die Bestimmung“ und meinte, ich müsse den lesen. Ich
dachte: Naja, kann ich ja mal reinlesen. Und dann war ich doch gefesselt.
Die
Welt, die Veronica Roth erschafft, ist in fünf Fraktionen unterteilt. Die
Amite, die Friedfertigen, immer Lächelnden, die die Landwirtschaft betreiben
und sich nie streiten. Die Altruan, die Selbstlosen, die sich in Grau kleiden
und jeglichen Eitels sich verwehren, die sich für die Schwachen einsetzen und
sie selbstlos versorgen. Selbst Spiegel sind bei ihnen verboten, weil sich
selbst zu betrachten, von Eitelkeit zeugen würde. Die Candor, die Freimütigen,
die nie lügen, die schonungslos ehrlich sind, auch wenn sie andere damit
verletzen. Sie meinen, dass Höflichkeit auch nur eine Form der Lüge und
Heuchelei sei. Die Ken sind die Wissenden, die Forscher, die Wissen über alles
andere stellen, ggf. auch über das Leben selbst. Und schließlich die Ferox, die
Furchtlosen, die Wagemutigen, die Kämpfer.
Ich
fand es spannend, dass die jungen Menschen in diesem Roman sich im Alter von
sechzehn Jahren entscheiden müssen, welcher Fraktion sie ihr zukünftiges Leben
widmen wollen. Viele entscheiden sich für ein Leben in der Herkunftsfraktion,
weil es ihnen vertraut ist und somit Sicherheit bietet, aber einige wechseln
auch. Das ist wie im realen Leben. Oft entscheiden sich Kinder aus
gutbürgerlichen Familien für ein Leben im Ungewissen, wählen die Gefahr, weil
es aufregender ist, als das, was sie bisher erlebten, weil sie neugierig sind,
weil sie etwas ausprobieren wollen. Oder Kinder aus besonders intellektuellen
Elternhäusern opponieren gegen die Eltern, indem sie gerade nicht studieren,
sondern einfach durch ihr Leben treiben, in Kommunen leben und das Leben
genießen, wie es ihnen begegnet.
In
dieser Trilogie wechselt ein Mädchen namens Beatrice aus der Fraktion der
Altruan, der Selbstlosen, zu den Ferox, den Kämpfern. Bei dem Test, der kurz
vor der Entscheidung stattfindet und der den Initianten eine Orientierung geben
soll, stellt sich heraus, dass sie keine sichere innere Richtung hat, in die sie
gehen soll. Sie ist damit eine sogenannte „Unbestimmte“. Ein Mensch also, wie
wir alle es sind. Sie trägt Eigenschaften in verschiedenen Ausprägungen in
sich. Sie könnte bei den Altruan bleiben, bei denen sie aufgewachsen ist. Sie könnte
zu den Candor gehen oder auch zu den Ferox.
Die
Tatsache, dass sie eine, in der Welt dieses Romans, „Unbestimmte“ ist, macht
sie zu einer Gefahr für die Gemeinschaft. Denn diese Gemeinschaft lebt davon,
dass die Menschen sich klar zu einer bestimmten Fraktion bekennen. Die
Unbestimmten gelten als Ausgestoßene und leben auch so. Sie werden
Fraktionslose genannt und das kommt einem Todesurteil gleich.
Beatrice
jedoch hat Glück. Die junge Frau, die sie getestet hat und ihre Unbestimmtheit
feststellte, fälscht die Ergebnisse im System. Tris, wie sich Beatrice
daraufhin nennt, geht zu den Ferox. Sie lernt zu kämpfen, sich durchzusetzen
und sich ihren Ängsten zu stellen.
Der
erste Teil der Trilogie war für mich spannend und ich wollte unbedingt wissen,
wie es weitergeht. Der zweite Teil war eine Enttäuschung. Es war ein wenig so,
als würde ich hingehalten. Am Ende dachte ich: naja, einen Versuch war es wert.
Dann las ich aber doch noch den dritten Teil, weil meine Tochter nicht locker
ließ und meinte, dass dieser Teil die Aufklärung brächte, die ich mir wünschte.
Und tatsächlich: ich war fasziniert. Ein wenig schwingt darin Aldous Huxleys „Schöne
neue Welt“. Vermutlich ist jener Roman sowieso ein Muss für jeden Science
Fiction- Liebhaber.
Die Vermutung, dass wir alle gesteuert werden, dass unser
Leben ein von außen gesteuertes Experiment ist, schwingt auch in Victoria Roths
drittem Teil der Trilogie „Die Bestimmung“ mit. Was wissen wir denn? Was ist
real? Was wird von außen gesteuert? Wie viele Möglichkeiten haben
Wissenschaftler schon jetzt, uns zu steuern?
In
der Trilogie gibt es Seren, die Menschen verabreicht werden können und die sie
wahlweise alles vergessen, friedfertig werden, sie durch Angstlandschaften
wandern oder morden lassen. Ist dies nicht längst möglich? fragt man sich.
Die
Lektüre dieser Trilogie wirft jedenfalls diese Fragen auf. Die Frage auch nach
dem Sinn oder Unsinn von Genmanipulation. Danach, ob Menschen „besser“ gemacht
werden können, wenn man ihre Gene manipuliert oder ihre Erinnerungen löscht.
Eine Figur aus den drei Teilen, die als Mensch mit skrupellosem und boshaftem
Verhalten dargestellt wird, wünscht sich im dritten Teil das Gedächtnisserum,
das seine Erinnerungen löscht, damit er endlich ein besserer Mensch werden
kann. Aber funktioniert das? So ganz wird das nicht klar. Aber diese Figur hat
zumindest genau diese Hoffnung, als sie sich dieses Serum verabreicht. Ob er
wirklich ein besserer Mensch wird, bleibt offen. Eine der Fragen, die dieses
Buch aufwirft, ohne sie zu beantworten.
Auf jeden Fall lohnt sich die Lektüre,
denn sie regt an, darüber nachzudenken, wie die menschliche Gesellschaft
funktionieren kann. Die menschliche Gesellschaft mit all ihren menschlichen
Eigenschaften, die nun einmal nicht nur gut und mitmenschlich, sondern auch
egoistisch, gewalttätig, neidisch, missgünstig, unehrlich usw. sind.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich immer über Nachrichten/ Kommentare und daraus entstehenden Austausch :)