Montag, 16. Mai 2016

Siegfried Lenz „Der Überläufer“

Ich habe mich schon mehrfach an Büchern von Siegfried Lenz versucht, bin aber nie bis zum Ende gekommen. Vielleicht war es einfach nicht die richtige Zeit? Die Erfahrung machte ich jedenfalls schon mit verschiedenen Autoren: ich begann zu lesen und kam einfach nicht in die Geschichte hinein. Später, als ich ein so abgelegtes Buch erneut zur Hand nahm, faszinierte es mich plötzlich. Vielleicht ist es bei Lenz genauso?
Dieses Buch gilt als zweiter Roman von Lenz, der allerdings erst jetzt, nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Zur Zeit seiner Entstehung, 1951, wurde es abgelehnt. Vielleicht war es das, was mich anzog? Ein einstmals "verbotenes" Buch? Ich kann es nicht sicher sagen. Jedenfalls las ich dieses Buch bis zum Ende und auch das lange Nachwort, in dem die Entstehungsgeschichte des Romans und der Grund für seine späte Veröffentlichung dargelegt wird.
An vielen Stellen dachte ich: klar, warum DAS nicht willkommen war, so kurz nach diesem Krieg. Wer wollte sich damit schon auseinandersetzen? Überläufer, Deserteure waren für Viele, und ich wage zu behaupten, sind bis heute, Menschen mit Makel. Sie verraten das eigene Land, sie sind bereit auf die eigenen Leute zu schießen. Das kann und will niemand nachvollziehen. Es würde bedeuten, sich auseinanderzusetzen mit dem Irrsinn von Kriegen im Allgemeinen. Wer will das schon, vor allem dann, wenn er selbst dabei war? Wenn er selbst vielleicht diese Gedanken hatte, zu fliehen, sich zu verstecken, unterzutauchen oder notfalls auf der anderen Seite zu kämpfen? Ist die andere Seite denn die Bessere?

Thomas Willmann „Das finstere Tal“

Dieses Buch ist bereits verfilmt worden. Ich sah damals den Trailer und dachte, dass ich diesen Film nicht sehen muss, einfach weil er so düster und bedrohlich wirkte. Dann bekam ich das Buch geschenkt und konnte nicht widerstehen.
Die Geschichte wird sehr langsam erzählt. So langsam, aber auch so unerbittlich, so scheinbar unabänderlich wie das Leben in jenem Tal verläuft. Ein Hochtal, abgeschnitten von der restlichen Welt. Im Sommer nur durch einen schmalen Spalt in den Felsen zugänglich, im Winter abgeriegelt. Niemand kann hinein, niemand hinaus. Seit Generationen hat ein Großbauer das Sagen dort oben. Der Brenner. Er kam mit einigen anderen als Erster dort hinauf. Darauf begründet er seinen Machtanspruch. Er hat das Tal „erobert“. Er macht das Gesetz. Er geht zu weit. Aber niemand stellt sich ihm in den Weg. Niemand begehrt auf. Seine sechs Söhne setzen seine Gesetze notfalls, oftmals mit Gewalt durch.

Raquel J. Palacio „Wunder“

Wie lebt man mit einem Gendefekt, der dazu führte, dass von Geburt an das eigene Gesicht von allem abweicht, das die menschliche Gesellschaft gewohnt ist? Und wie gehen die Menschen der unmittelbaren Umgebung, Familie, Schule, Nachbarn, Freunde… damit um?
Dem geht Raquel J. Palacio in ihrem Buch „Wunder“ auf den Grund. Ein Junge mit eben diesem Problem soll, nach Jahren des Hausunterrichts, nun endlich zur Schule gehen. In die Welt hinaus, auch wenn die Eltern wissen, dass es hart werden wird. Für alle. Aber insbesondere für den Jungen.