Montag, 16. Mai 2016

Thomas Willmann „Das finstere Tal“

Dieses Buch ist bereits verfilmt worden. Ich sah damals den Trailer und dachte, dass ich diesen Film nicht sehen muss, einfach weil er so düster und bedrohlich wirkte. Dann bekam ich das Buch geschenkt und konnte nicht widerstehen.
Die Geschichte wird sehr langsam erzählt. So langsam, aber auch so unerbittlich, so scheinbar unabänderlich wie das Leben in jenem Tal verläuft. Ein Hochtal, abgeschnitten von der restlichen Welt. Im Sommer nur durch einen schmalen Spalt in den Felsen zugänglich, im Winter abgeriegelt. Niemand kann hinein, niemand hinaus. Seit Generationen hat ein Großbauer das Sagen dort oben. Der Brenner. Er kam mit einigen anderen als Erster dort hinauf. Darauf begründet er seinen Machtanspruch. Er hat das Tal „erobert“. Er macht das Gesetz. Er geht zu weit. Aber niemand stellt sich ihm in den Weg. Niemand begehrt auf. Seine sechs Söhne setzen seine Gesetze notfalls, oftmals mit Gewalt durch.
Doch dann kommt ein Fremder ins Tal. Plötzlich sterben zwei Söhne des Brenners bei eigenartigen Unfällen. Hat das etwas mit dem Fremden zu tun? Er ist doch „nur“ ein Künstler, ein Maler.
Nach und nach erfährt man die Geschichte, die hinter dem Fremden steht. Am Ende, nach einer Welle von Gewalt und Tod, kennt man auch das Geheimnis des Tals.

Und man fragt sich, warum die Menschen so lange so gelebt haben. Warum sie nicht aufbegehrten. Wieder einmal schüttelt man den Kopf darüber, dass es möglich ist, dass sich einer allein eine große Gruppe von Menschen gefügig machen kann, auch wenn seine Forderungen, seine Handlungen immer absurder werden. Die Herde trottet ihm nach. Sie murren vielleicht, aber darüber hinaus gehende Aktivität ist nicht zu erwarten. Bis es den berühmten Tropfen gibt, der das Fass zum Überlaufen bringt oder eben einen Fremden, einen Außenstehenden, der den Menschen die Augen öffnet oder den Funken schlägt, der den Hass zum Glühen bringt…
Schließlich geht der Autor auch der Frage nach dem Sinn der Rache nach. Befriedigt sie? Fühlt man sich besser danach? Befreit? Oder bleibt ein schales Gefühl? Der Eindruck, ein Unrecht gegen ein anderes ausgetauscht zu haben? Gibt uns das Gefühl von Rache nicht eher den Einblick in unsere eigenen dunklen Seiten? Jene Seiten, die wir ja eigentlich den anderen, denen, an denen wir  meinen, uns rächen zu müssen, zuordnen? Sind wir vielleicht gar nicht besser?


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