„Kweku
stirbt barfuß, an einem Sonntag vor Sonnenaufgang, seine Hausschuhe kauern an
der Tür zum Schlafzimmer, wie Hunde.“
So
beginnt Taije Selasis Roman über eine Familie. Der Vater, Kweku ist Ghanaer,
die Mutter, Fola, ist Nigerianerin. Sie lernen sich in Amerika kennen und
lieben. Sie haben zusammen vier Kinder, die nicht viel wissen über die Wurzeln,
die Geschichte ihrer Eltern… bis der Vater stirbt. Plötzlich. Unerwartet. So
ist das mit dem Tod. Er kündigt sich nicht immer an.
Die
Kinder, alle sehr begabt, hadern, jedes auf seine Weise, mit ihrem Leben.
Kommen nicht wirklich an. Stoßen an unsichtbare Mauern, die sie selbst
errichtet haben. Zum eigenen Schutz. Der aber nicht taugt. Nicht so. Nicht so
lange. Das Land hinter den Mauern, das Land des Schmerzes, die Vergangenheit, sie existiert weiter, wirkt durch die
Mauern hindurch. Es verhindert nicht das Leben, wohl aber das Glück, das
wirkliche, tief empfundene. Immer ist es vermischt mit einem Tropfen
Bitterkeit, mit einer leicht schmerzenden, nicht zu artikulierenden Sehnsucht.
Bis
sie die Nachricht vom Tod ihres Vaters erreicht.
In
diesem Moment, reißen die Mauern, bekommen feine Risse, die immer breiter
werden. Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr verdrängen.
Alle
vier Kinder reisen nach Ghana, wohin ihr Vater zurückkehrte, wo inzwischen auch
ihre Mutter lebt… Diese Begegnung der Familie in ihrer ursprünglichen Form aus
diesem traurigen Anlass birgt die Chance zu Erkenntnis, zu Verständnis, zu
Trauer und damit auch zu Heilung.
Die
Geschichte hat mich tief berührt. Sie macht deutlich, wie wichtig es ist, seine
Wurzeln zu kennen, die eigene Geschichte, aber auch die Vergangenheit der
Familie. Erkenntnis, Wissen, das es erst ermöglicht, das eigene Leben zu
verstehen, es gestalten und wirkliches Glück empfinden zu können.
Taije
Selasi beschönigt nichts, aber sie beschreibt alles mit so poetischen Bildern,
das ich nicht umhin kann, einige hier aufzuführen:
„…
und dann bildeten sich die ersten Tränen, locker, wie Kumuluswolken. Sie
verschleierten seinen Blick, noch zu unreif, um zu fließen. Sie dienten dazu,
die Umrisse zu verwischen, ein Filter…“
„Während
der Schnee draußen vor dem Fenster auf sich selbst fällt, so lautlos wie
hoffnungslos, noch mehr weiß auf weiß.“
„Das
spezielle Inseldasein einer Toilette, ein Trost.“
„…
ihre Gedanken schweifen ab, so wie Gedanken das tun in der Hitze, während man
wartet und still dasteht und noch ganz viel Zeit hat, eine Art Hohlraum, in den
die Vergangenheit eindringt, weil sie sieht, da ist Platz.“
Viel
Trauer schwingt in diesem Buch, aber auch Hoffnung. Die folgenden Sätze drücken
für mich die Essenz dieses Buches aus:
„Wir
haben getan, was wir konnten. Was wir gelernt haben. Und das haben wir gelernt.
Verlassen. Weggehen. … Wir waren Immigranten. Immigranten gehen weg. … Wir
haben uns geliebt. … Wir haben gelernt, wie man liebt. Sie können jetzt lernen,
wie man bleibt.“
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