Mittwoch, 3. Februar 2016

Abbas Khider „Die Orangen des Präsidenten“

„Meine Mutter weinte, wenn sie sehr glücklich war. Sie nannte diesen Widerspruch „Glückstränen“.“ So beginnt dieses Buch von Abbas Khider. Sein erstes. Er beschreibt darin das Leben eines jungen Mannes im Irak. Mahdi Muhsin wird am Tag seiner Abiturprüfung vom irakischen Geheimdienst verhaftet. Zwei Jahre verbringt er im Gefängnis, abgeschnitten von allem Leben unter schrecklichsten Bedingungen. Khider beschreibt diese Zeit so eindrücklich, dass ich froh war, dass er die Gefängnis- Kapitel abwechselte mit jenen, in denen er den Lebensweg des Jungen bis zum Zeitpunkt der Verhaftung erzählt, von seiner Kindheit, seiner Freundschaft zu einem Taubenzüchter, der seine Liebe zu den Tauben weckt… Der Junge hat es nicht leicht gehabt und nun wird er grundlos verhaftet und es werden ihm zwei Jahre seines jungen Lebens nicht nur gestohlen, sondern zur Hölle gemacht.
Ich habe schon vor Khider Bücher von Autoren aus dem arabischen/ maghrebinischen Raum gelesen. Bei allen und so auch bei Khider, fand ich diese genaue und doch nie langweilige oder langatmige Beschreibung des alltäglichen Lebens der Menschen. Vielleicht ist es die Tatsache, dass es eine Welt ist, die so weit weg, so anders ist? Nein, ich glaube, es ist dieses genaue Beobachten, diese Freude am Erzählen, die mich so fasziniert. Es ist wie zu Zeiten, da es noch keine Fernseher gab. Da las man oder die Alten erzählten Geschichten. Und wenn einer gut erzählt und noch dazu aus einem fernen Land kommt, dann ist das wie eine Reise. So empfand ich es bei Tahar Ben Jelloun, Amin Maalouf und Zeruya Shalev (Bücher von diesen las ich, bevor ich mein Blog eröffnete… vielleicht finde ich irgendwann noch Zeit, auch darüber zu schreiben) und jetzt bei Abbas Khider. Darüber hinaus sind diese Geschichten oft geprägt von Traurigkeit und Grausamkeiten, die aber nie allein im Vordergrund stehen. Ich hatte den Eindruck, diese Erzähler haben nie nur dies im Blick, sondern immer das ganze Leben, alles, was ringsum geschieht, alles, was ringsum vielleicht weitergeht, während da der eine mit seiner Trauer ist oder anders leidet. Hinzu kommt bei Khider auch noch ein Augenzwinkern oder auch ein schelmisches Lachen.

Wie schon bei Susan Abulhawas Buch, über das ein Beitrag auf meinem Blog existiert, dachte ich auch nach der Lektüre dieses ersten Buches von Khider, dass man diese Bücher zur Pflichtlektüre machen sollte. Gerade in dieser Zeit, da unzählige Menschen aus diesen Ländern zu uns fliehen, würde das manchem „besorgten Bürger“ vielleicht die Augen öffnen für die Gründe, aus denen Menschen ihre geliebte Heimat verlassen müssen.

Am 1. März wird Abbas Khider im Palais der Kulturbrauerei aus seinem neuen Buch „Ohrfeige“ lesen und ich werde hingehen- sofern ich noch eine Karte bekomme.


Bis dahin lese ich noch "Brief in die Auberginenrepublik" und "Der falsche Inder". Jedenfalls habe ich mir das vorgenommen... mal sehn, ob ich es schaffe ;)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ich freue mich immer über Nachrichten/ Kommentare und daraus entstehenden Austausch :)