Samstag, 1. August 2015

Hanni Münzer „Honigtod“

Den Titel „Honigtod“ fand ich eigenartig. Hanni Münzer erklärt ihn in ihrem Nachwort zum Roman so (Zitat):
„Ich wählte ihn, weil aus Honig der Trank der Götter bereitet wird: Met. Met(h) ist das hebräische Wort für ‚tot‘. Auch ist das Schicksal der Bienen eng mit dem des Menschen verknüpft. ‚Wenn die Biene stirbt, hat der Mensch noch vier Jahre zu leben.‘ Der Satz stammt von einem sehr weisen Menschen: Albert Einstein.“
Nun ja… so wirklich hat mir diese Erklärung auch nicht weitergeholfen, aber vielleicht gelingt mir ja, es zu verstehen, wenn ich beschreibe, worum es in dem Buch geht:

Es gibt zwei Erzählebenen. Einmal die heutige Zeit, in der die Rahmenhandlung spielt. Und dann die Zeit des dritten Reichs in Deutschland. Diese Erzählung macht den größten Teil des Romans aus. Die Rahmenhandlung ist aus meiner Sicht ein wenig flach. Sie dient dazu, eine Verbindung zwischen den Menschen heute und damals herzustellen. Klar, wir alle haben unsere Vergangenheit und das, was in Familien einst geschah, wirkt oft über Generationen hinweg. Das Ende dieser Geschichte erscheint mir jedoch etwas unwahrscheinlich in dieser Geschwindigkeit, in der die Autorin hier Heilung geschehen lässt. Jahrzehntelang gelernte und gelebte Verhaltensweisen legt man nicht einfach ab, nur weil man erkennt, wo sie ihren Ursprung haben. Insofern fand ich den Rahmen etwas kurz und vor allem sein Ende etwas… mhm, wie soll ich sagen? Vielleicht trifft es das: es ist ein Happy End, wie es in der Realität wohl sehr unwahrscheinlich ist.

Die zweite Ebene, die Geschichte einer Familie zwischen 1923 und 1945 ist dagegen sehr glaubhaft beschrieben. Glaubhaft liebevoll wie auch grausam.
Der Familienvater ist ein jüdischer Arzt. Die Mutter eine bekannte deutsche Opernsängerin. Die Tochter begabte Musikerin wie ihre Mutter, der kleine Bruder ist ein aufgeweckter Junge, der seinem Vater viele Fragen stellt und sehr weise wie liebevolle Antworten erhält. Es geht ihnen gut in ihrem Haus am Prinzregentplatz in München. Die Haushälterin Ottilie ist bayrisches Urgestein, liebt ihre Arbeit und hat jedes einzelne Familienmitglied in ihr großes Herz geschlossen.
Viel zu spät entscheidet sich die Familie, Deutschland zu verlassen. Was daraus für die einzelnen Mitglieder der Familie folgt, ist so unfassbar, wie viele Geschichten, die diese Zeit hervorgebracht hat. Der Vater Jude, die Kinder demzufolge Halbjuden und der kleine Junge auch noch wegen einer angeborenen Anomalie an einem Bein körperlich eingeschränkt. Keine guten Voraussetzungen, um in dieser Zeit zu überleben.
Nicht alle Familienmitglieder erleben das Ende dieses Grauens. Und nicht alle, die es erleben, sind glücklich darüber.

Was hat es nun mit dem Honig und dem Tod bzw. mit dieser Zusammensetzung der beiden Wörter auf sich?
- Das Leben ist süß, wie der Honig, aber der Tod gehört dazu, ist in jedem
  Leben enthalten?
- Wenn man versucht einen Teil der Natur zu tilgen, wie die Nazis
  das mit den Juden taten, dann stirbt auch alles andere? Alle 
  Menschlichkeit?
- Oder hat die Autorin einfach das Gleichnis gereizt, das nur durch das
  (h)am Ende des jüdischen Wortes für Tod zu einem rechtschreiblichen 
  Unterschied zwischen den beiden Wörtern führt, zu dieser Zusammensetzung
  veranlasst?
Vielleicht ist es von allem etwas. Vielleicht sollte ich Hanni Münzer einmal danach fragen?


Auf jeden Fall ist es ein spannendes, berührendes und damit lesenswertes Buch, das ich allen empfehlen kann, die sich für diesen Teil der deutschen Geschichte interessieren.

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