„Vera ist, wie jeden Morgen, schon früh aus dem Haus gegangen, ihre ‚Alten‘ besuchen, die übrigens alle ein paar Jährchen jünger sind als sie. Die wird sie mit ihrer aufmüpfigen Lebensfreude betäuben… Danach wird sie mit zusammengepressten Lippen und energischen Armbewegungen, die enge rosa Badekappe auf dem Kopf, dreißigmal um das Schwimmbecken herumlaufen und dann auf ihrem Seniorenscooter zum Kibbuzfriedhof düsen- das Gesicht dicht an der Windschutzscheibe, den Po in der Luft, eine Lebensgefahr für jeden, der um diese Uhrzeit im Kibbuz unterwegs ist.“
Dieses Zitat macht den Ton deutlich, in dem dieses Buch geschrieben ist. Immer wieder musste ich lächeln. Dabei geht es auch um Krieg, Folter, Vertreibung, Tod von nahen Menschen und darum, was das Schweigen mit den Menschen macht, die davon betroffen sind. Diejenigen, die schweigen und diejenigen, denen das Schweigen begegnet. In erster Linie erzählt uns David Grossman aber die Geschichte von Vera, Nina, Rafi und Gili. Dieses Buch zu lesen und an vielen Stelle zu lächeln, an manchen zu weinen ist, wie es eben ist, das Leben. Es gibt Tragödien, aber es gibt auch Glücksmomente und manchmal ist beides nah beieinander. Und manchmal gelingt es, die Tragödien zu ertragen/ ertragbar zu machen, in ein anderes Licht zu rücken… wie auch immer… wenn man einem Menschen wie Vera begegnet, der pragmatisch, aber mit einem großen Herzen handelt.
Vera hat gerade ihren neunzigsten Geburtstag gefeiert, als ihre Tochter Nina wieder auftaucht. Nina, die Mutter ihrer Enkelin Gili. So beginnt der Roman. David Grossman lässt Gili, die Enkeltochter, die bei ihrem Vater Rafi aufwuchs, weil ihre Mutter irgendwann verschwand, die Geschichte erzählen. Rafi drehte Filme, Gili trat in seine Fußstapfen. Die beiden beschließen, mit Nina und Vera in deren Geburtsland zu fahren und dabei Vera ihre Lebensgeschichte erzählen zu lassen. Für Nina. Für Gili. Und alles aufgenommen mit einer alten Sony- Handkamera.