Donnerstag, 29. Oktober 2015

Christopher Morley „Eine Buchhandlung auf Reisen“

Ich kaufte dieses Buch, weil ich selbst so gerne lese und mich also alles, was mit der Leidenschaft für Bücher zusammenhängt, magisch anzieht. Außerdem hatte mich der Roman „Das Lavendelzimmer“ von Nina George, in dem  eine „Literarische Apotheke“, eine ganz besondere Buchhandlung auf einem ehemaligen Lastkahn, eine große Rolle spielt, sehr beeindruckt und ich dachte, dass es mir mit diesem Buch ebenso gehen könnte.
Dem war nicht ganz so. Aber es ist ein durchaus unterhaltsame und anregende Geschichte… Einige der Bücher, auf die im Text Bezug genommen wird, werde ich sicher noch lesen.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Cristina Caboni „Die Rosenfrauen“

Den Titel fand ich etwas verwirrend, denn es geht zwar auch um Rosen, aber aus meiner Sicht nur am Rande. In der Hauptsache geht es um Parfüm.
Eine junge Florentinerin sieht sich zu Beginn des Buches vor den Scherben einer Liebesbeziehung. Dieser Bruch in ihrem Leben führt sie jedoch zurück zu dem, was sie besonders gut kann. Eine „Nase“ wird sie genannt, denn sie kann die einzelnen Duftstoffe, aus denen ein Parfüm kreiert wurde, identifizieren. Ich kann mir das kaum vorstellen. Wenn ich an den geöffneten Türen einer großen Parfumerie vorbei gehe, habe ich das Gefühl, gar nichts mehr zu riechen, als diesen durchdringenden süßen, schweren Duft. Ich glaube manchmal sogar ihn auf der Zunge zu spüren!
Genau das wird in diesem Buch auch kritisiert, dass Kunden sich gar nicht wirklich für ein Parfüm entscheiden können, weil ihre Geruchsnerven schon benebelt sind, wenn sie eine große Parfumerie betreten. Die meisten kaufen dann irgendeine gängige oder angepriesene Marke, die manchmal nicht einmal zu ihnen passt.

Dienstag, 27. Oktober 2015

J. Courtney Sullivan „Die Verlobungen“

Mary Frances Gerety kreierte in den vierziger Jahren den Werbespruch
„A Diamant is forever“. Sie war Texterin bei N. W. Ayer & Son, einer US- amerikanischen Werbeagentur, deren bester Kunde über Jahrzehnte De Beers war. De Beers, die Firma, die Diamanten fördert und vertreibt. Frances hat mit jenem Werbespruch den Verkauf von Diamanten in den USA deutlich in die Höhe getrieben. Und sie hatte den Wunsch vieler Frauen, den Wunsch, den sie selbst nie hegte, jenen nach Heirat und ewiger Liebe, mit dem Wunsch nach einem Diamanten verbunden.
1999, kurz vor Frances Tod, wurde dieser Spruch zum Slogan des Jahrhunderts ernannt. Damit hatte die Zeit ihres Lebens unabhängige und unverheiratete Mary Frances Gerety nicht gerechnet, als sie eines Nachts den Spruch erdachte. 

J. Courtney Sullivan beschreibt jedoch in diesem Buch nicht nur das Leben und die Arbeit von Frances Gerety. Sie verbindet diese Lebensgeschichte mit denen vierer Paare. Fünf Lebensgeschichten. Welche Verbindung haben diese Menschen miteinander? Es erschließt sich zunächst nicht. Man ahnt es zunehmend. Sicher ist man jedoch erst ganz am Ende. 
Darüber hinaus regt die Lektüre dieses Buches dazu an, über Diamanten, deren Produktion und Bedeutung nachzudenken sowie darüber, wie sehr die Werbung unsere Wünsche steuert. Aber auch die Rolle der Frau und der Sinn oder Unsinn der Institution Ehe wird in den Geschichten thematisiert. 

Jenny Erpenbeck „Heimsuchung“

Die Geschichte eines Hauses und was es in etwa 100 Jahren erlebt. Das kurz gesagt der Inhalt.
Ich habe mich das auch schon manchmal gefragt, wenn ich ein altes Haus sah: Was erzählte es wohl, wenn es sprechen könnte? Welche Menschen haben es erbaut, darin gewohnt? Blieb es in der Familie oder wurde es verkauft? Wie lebten die Menschen, die das Haus behausten? Ging es harmonisch zu? Spielten sich Dramen darin ab?

Jenny Erpenbeck hat alle diese Fragen auf eine der vielen möglichen Weisen beantwortet. Für ein Haus, gelegen an einem märkischen See. Erbaut in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts sah es Menschen kommen und gehen, sah Freude und Leid, sah Frieden und Krieg… wird es am Ende abgerissen, um Platz zu schaffen für ein neues.

Die Geschichten derer, die das Land und das Haus bewohnten, werden unterbrochen und verbunden von den Geschichten über den Gärtner, der sie fast alle kannte. Alle, die dieses Stückchen Land belebten. Dieses Land, das der Gärtner so viele Jahre gestaltet und pflegt.

Jenny Erpenbeck „Gehen, ging, gegangen“

Ein emeritierter Professor mit viel Zeit, ungewohnt viel Zeit. Flüchtlinge aus verschiedenen afrikanischen Ländern, ebenfalls mit Zeit, viel Zeit. Der Professor nähert sich ihnen an. Er befragt sie zunächst nach ihrem Leben, ihrem Weg bis in diese Unterkunft in einem Berliner Vorort. Er sinnt nach über das Verhältnis des Menschen zur Zeit. In seinem Fall, aber auch im Falle dieser jungen Männer, die den ganzen Tag nichts tun dürfen, als zu warten…

Ohne zu werten, beschreibt Jenny Erpenbeck die Entwicklung der Beziehung zwischen dem Professor und den jungen Afrikanern. Sie erzählt deren Lebensgeschichten und zeichnet ihre Gedanken auf, die des Alten und die der Jungen. Es ist ein leises Buch, eines, das nachdenklich macht. Ich legte es immer mal beiseite, weil in meinem Kopf die Gedanken sich verselbständigten und von der Geschichte weg in meine eigene Vergangenheit und die mich umgebende Realität wanderten.
Die Fragen danach, was ein Mensch ist, was Zeit, welchen Wert die Erinnerung hat, was Freundschaft bedeutet, wirft Jenny Erpenbeck in diesem Buch ebenso auf, wie die Bedeutung von Sprache als Mittel der Verständigung, aber auch als Ursache von Missverständnissen.
Es ist ein leises Buch, eines, das langsam, aber unaufhaltsam auf- und anregt.


Es war für den Deutschen Buchpreis 2015 nominiert… und hat ihn nicht bekommen. Ich habe versucht, das zu verstehen und bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass das Thema des Buches wohl zu aktuell ist. Den Preis hat einer bekommen, der in seinem Buch versucht, die Entstehungsgeschichte der RAF zu erklären. Ich habe es noch nicht gelesen. Sicher ist es auch ein gutes Buch. Aber es behandelt eben ein Thema, das lange zurück liegt. Da ist man auf der sicheren Seite. Da sticht man nicht womöglich in Wespennester. Da muss man keine Stellung beziehen, die womöglich irgendjemandem nicht gefallen könnte. Hätte „Gehen, ging, gegangen“ von Jenny Erpenbeck den Preis bekommen, hätten die Juroren sich aktuell- politisch positioniert. Für Menschlichkeit. Für eine Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen. Schade, dass sie diese Chance vertan haben!

Sonntag, 25. Oktober 2015

Thomas Hardy „Am grünen Rand der Welt“

Wessex, die Landschaft, die Hardy erfand für seine Geschichten. Weites Land, grüne, saftige Wiesen, Wälder. Vereinzelte Gehöfte, kleine Dörfer. Der Rand der Welt. Ruhig. Äußerlich ruhig. Doch Hardy schaut genauer hin. Schaut hinein in diese Welt. Und da ist es zwar immer noch grün, aber nicht mehr so ruhig, wie man es am Rand der Welt vermutet. Denn auch dort leben Menschen. Und Menschen haben nicht nur positive Eigenschaften. Auch nicht am Rand der Welt, wenn er auch noch so grün ist. Mit Neid, Missgunst, Hass und Gier muss auch hier jeder rechnen. Genauso wie natürlich mit allem Positiven, das der Mensch so an sich hat.
Und das beschreibt Thomas Hardy in diesem Roman. Den Kampf der Menschen mit sich, mit der Natur und eben auch jenen, den sie zu allen Zeiten mit- und gegeneinander austragen.
Im Mittelpunkt steht eine junge Frau, Bathsheba die eine Farm erbt. Sie steht ihren Mann, sie setzt sich durch und führt den Hof erfolgreich, entgegen aller Zweifel der Männerwelt. Eine ungewöhnliche Frau in Hardys Zeit, in der Frauen so etwas eben nicht zugetraut wurde. In der Frauen in der Mehrheit froh waren, wenn sie geheiratet wurden und sie sich um Herd und Haus und Kinder kümmern durften. Eine Zeit, in der sich Männer wie Frauen darüber wunderten, wenn eine Frau diese Träume nicht teilte, sondern selbstbestimmt leben wollte.

Sonntag, 11. Oktober 2015

John Strelecky „Das Café am Rande der Welt“

Der Untertitel klingt ein bisschen dramatisch: „Eine Erzählung über den Sinn des Lebens“.
Aber letztlich ist es eine dieser kleinen Erzählungen, die einen innehalten lassen. Die dazu auffordern, darüber nachzudenken, was man hier eigentlich macht auf dieser Welt mit der begrenzten Zeit, die man hat.
Drei Fragen stehen auf der Speisekarte dieses Cafés:
1. Warum bist du hier?
2. Hast du Angst vor dem Tod?
3. Führst du ein erfülltes Leben?
Jeder wird diese Fragen anders beantworten. Nicht jeder hat die gleiche Idee von einem erfüllten Leben. Manch einer ist glücklich mit Haus, Garten, Kindern, Enkeln und Hund. Ein anderer lebt lieber in einem Wohnwagen, um sich die Welt ansehen zu können und so wenig wie möglich gebunden zu sein.

Dieses Büchlein lässt alles möglich erscheinen. Aber es macht doch recht eindringlich klar, dass es gut ist, von Zeit zu Zeit sein eigenes Café am Rande der Welt, am Rande seiner eigenen Welt, aufzusuchen und sich ganz ehrlich diese Fragen zu stellen und auch zu beantworten. Immer mal wieder. Oder auch nur einmal. Auch das ist so individuell, wie wir Menschen es sind.

Harper Lee „Wer die Nachtigall stört“

Ich hatte dieses Buch schon lange auf meiner Liste. So oft hörte oder las ich irgendwo ein Zitat aus diesem Roman oder nahm jemand Bezug zu dieser Geschichte.
„Wer die Nachtigall stört“ ist ein wundervoller Roman über die dreißiger Jahre in einem kleinen Städtchen in den Südstaaten der USA. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht eines achtjährigen Mädchens, Jean Louise Finch, genannt Scout. Sie lebt mit ihrem vier Jahre älteren Bruder Jeremy, genannt Jem, ihrem Vater, Atticus Finch und einer schwarzen Haushälterin, Calpurnia, in Maycomb. Ihre Mutter ist verstorben, als Scout noch so klein war, dass sie meint, sich nicht mehr an sie erinnern zu können.
Atticus Finch arbeitet als Anwalt und wird eines Tages als Pflichtverteidiger für einen Schwarzen berufen, der angeblich eine Weiße vergewaltigt haben soll. Der Prozess wird öffentlich abgehalten und der gesamte Ort, auch die Kinder wohnen ihm bei.
Die kleine Scout stellt viele Fragen und ihr Vater Atticus beantwortet sie geduldig und ehrlich. Er vermittelt seinen Kindern ein differenziertes Menschenbild und erinnert sie stets daran, sich ihre Menschlichkeit zu bewahren sowie jedem Menschen, egal welcher Hautfarbe, freundlich zu begegnen.

Freitag, 9. Oktober 2015

Charlotte Link „Das Haus der Schwestern“

Charlotte Link eben. Verwebt wunderbar und spannungsreich Vergangenheit und Gegenwart.
In diesem Fall: ein deutsches Ehepaar, Barbara und Ralph Amberg. Beide Juristen. Sie erfolgreiche Strafverteidigerin, er Anwalt in einer renommierten Frankfurter Kanzlei. In ihrer Ehe kriselt es und Barbara hofft, mit dieser Reise über Weihnachten 1996 in ein altes Haus in den Weiten und der Einsamkeit Yorkshires, ihre Ehe vielleicht retten zu können. Nur Ralph und sie. Keine Verwandten. Keine vorhersehbaren Abläufe. Keine Ablenkungen. Und Zeit. Vor allem Zeit.
Barbara findet im Schuppen des Hauses durch Zufall ein Manuskript. Die Lebensgeschichte der Frances Gray.
Eingeschlossen von Schnee, der plötzlich in Massen fällt, liest Barbara die vierhundert Seiten, in denen Frances Gray ihr Leben erzählt. Sie schildert ihre Zeit als Suffragette zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, beschreibt das schwierige Verhältnis zu ihrer Schwester und die Wirren des Zweiten Weltkrieges.

Sonntag, 4. Oktober 2015

Jojo Moyes „Die Tage in Paris“ und „Ein Bild von dir“

„Die Tage in Paris“ ist ein kleines Buch, in dem Jojo Moyes die Vorgeschichte zu „Ein Bild von dir“ erzählt. Man muss es nicht lesen, um den Roman zu verstehen, aber es ist eine gute Einstimmung dazu. Darin beschreibt Jojo Moyes die Tage in Paris, die zwei Frauen mit ihren Männern verleben. Glückliche Tage zweier verliebter Frauen in ganz unterschiedlichen Zeiten und mit ebenso unterschiedlichen und doch auch ähnlichen Beziehungsproblemen. Die eine ist die Frau eines Malers in Paris zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Die andere eine Engländerin, frisch verheiratet mit einem aufstrebenden Architekten.

„Ein Bild von dir“ erzählt dann die Geschichten der beiden Frauen weiter.

Patrick Modiano „Damit du dich im Viertel nicht verirrst“

Ein zurückgezogen lebender Schriftsteller, scheinbar in einer Sinnkrise. „In Zeiten von Katastrophen oder geistiger Not gab es keinen anderen Ausweg, man musste sich einen Fixpunkt suchen, um das Gleichgewicht zu halten und nicht über Bord zu gehen. Der Blick bleibt an einem Grashalm hängen, an einem Baum, den Blütenblättern einer Blume, als würde man sich an eine Rettungsboje klammern.“ So erklärt der Protagonist Daragane seine Beziehung zu der Weißbuche vor seinem Fenster. Welche Katastrophe ihn ereilt hat, erfährt man nicht. Man kann es nur erahnen.
Daragane wird von einem zwielichtigen Typen mit Geschehnissen konfrontiert, deren Teil er offensichtlich als Kind vor vierzig Jahren war. Auch über diese Geschehnisse erfährt man nichts genaues. Daragane scheint sich nicht erinnern zu können oder zu wollen.