Ein trauriges Buch.
Für mich jedenfalls. Das ist, wie es mich zurücklässt, nachdem die letzte
Seite, der letzte Satz gelesen sind.
Mein erster Gedanke,
als ich das Buch schloss, war: ‚Der Arme- so unfähig zu lieben!“ Dabei meine
ich nicht DIE Liebe zwischen zwei Menschen, die Verliebtheit, das sich-
zueinander- hingezogen- fühlen, dieses Gefühl der Ausschließlichkeit und alles
was damit zusammenhängt bzw. darauf folgt. Nein, ich meine die allgemeine
Fähigkeit zu lieben, das Leben, andere Menschen, die Natur, Musik und was sonst
noch alles liebenswert ist.
Ich habe durchaus mit
Spannung gelesen, wollte wissen, wie es weitergeht- insofern also eine lohnende
Lektüre. Aber ich hatte auf Entwicklung gehofft, darauf, dass in Vincent etwas
passiert, sich verändert. Darauf, dass seine Schale aufbricht, er durch die
Erfahrung reicher, ja und vielleicht doch glücklicher wird. Der Epilog jedoch,
in dem Hervé Le Tellier zusammenfasst, was in den Jahren danach geschah, was aus
den Figuren wurde, zeigt, dass nichts derartiges passierte. Vincent endet
einsam und, wie mir scheint, verbittert und ängstlich wie er schon immer war.
Ich bin selbst eine
fast unerschütterliche Optimistin, was meine Hoffnung während der Lektüre wohl
erklärt. Immer wieder dachte ich: Er schafft es, er wird verstehen, loslassen,
entspannen und dann irgendwann glücklich werden.
Aber Hervé le Tellier
ist wohl eher Chronist der Realität, in der sich Menschen eben nicht ändern.
Dies ist, so sagen
manche, spätestens im Alter von 25 Jahren abgeschlossen. Und es bestätigt sich
oft, wenn ich mich in meiner Umgebung umschaue: Frauen, die es nach Jahren
schaffen, sich von einem Mann zu trennen, der sie beleidigt, verletzt, nicht
achtet. Die nicht darüber reflektieren,
welche Anteile in ihnen selbst zu dieser langen Leidensbeziehung führten und
darum in der nächsten Beziehung genau die gleichen Erfahrungen machen, wieder leiden,
wieder jammern… oder die erkennen/ in Gesprächen mit anderen herausfinden, was
sie selbst verändern müssten- wie Vincent, dem eine Frau versucht die Augen zu
öffnen- und doch scheinbar unfähig sind, es tatsächlich zu tun.
Vielleicht ist es ja
wirklich so, dass man sich irgendwann an sein eigenes Wesen so sehr gewöhnt
hat, dass eine Veränderung nur bedrohlich wirkt, selbst wenn sie weniger Leid
verspräche, weniger Schmerzen? Dass man lieber leidet, weil man diesen Zustand
kennt und einen das Fehlen des Leids verunsichern würde? Das klingt zwar
gemein, aber bei manchen Menschen habe ich genau dieses Gefühl…
Hervé Le Tellier hat
das nun auch in diesem Roman wieder dargestellt. Bei dem Buch, das ich vor
einiger Zeit von ihm las- ich glaube, es ist bereits einige Jahre her- fühlte
ich ähnlich, nicht genauso, jedoch fühlte ich auch dabei eine gewisse Wehmut…
aber dazu dann vielleicht in einem weiteren Beitrag mehr, da es hier ja um
„Neun Tage in Lissabon“ geht und nicht um jenes andere Buch, das den Titel
„Kein Wort mehr über Liebe“ trägt.
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