Samstag, 5. Juli 2014

Susan Abulhawa „Während die Welt schlief“

„In einer fernen Zeit, ehe die Geschichte über die Hügel gefegt kam und Gegenwart und Zukunft auslöschte, ehe ein Sturm das Land packte und ihm Namen und Charakter austrieb, ehe Amal geboren wurde, gab es östlich von Haifa ein kleines, friedliches, von der Sonne verwöhntes Dorf mit offenen Grenzen, das von Feigen- und Olivenbäumen lebte.“

So beginnt dieser Roman. Der erste Abschnitt klingt wie der Beginn eines Märchens und wie im Märchen gibt es in diesem Roman gut und böse, gibt es Leben und Tod, gibt es Glück und Liebe… nur leider fehlt das im Märchen entscheidende, das glückliche Ende. In diesem Roman siegt nicht das Gute über das Böse. Es gibt keinen Sieg. Dafür jede Menge Trauer, Hass und Verzweiflung… natürlich erzählt Susan Abulhawa auch über Liebe, über gelebte und über verdrängte Liebe, aber für mich als Leserin überwog am Ende das Gefühl der Trauer.

„Während die Welt schlief“ beschreibt das Leben einer palästinensischen Familie über vier Generationen, von den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis in die heutige Zeit. Die Vertreibung aus dem Paradies, das Leben im Flüchtlingslager, die Demütigungen, immer und immer wieder… Zwischenzeitlich empfand ich es zu einseitig beschrieben. Aber letztlich ist es vermutlich das, was Susan Abulhawa wollte, DIESE Seite darstellen. Nicht die große Politik, sondern das, was sie mit den Menschen macht. Das, was sie mit den Mitgliedern einer Familie macht. Einer palästinensischen in diesem Fall. Ich habe an manchen Stellen geweint und ich habe mich immer wieder gefragt, ob dieser Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern jemals aufgelöst werden kann. Ob es irgendwann möglich sein wird, dass beide im „gelobten Land“ friedlich neben- oder sogar miteinander leben können. Der Roman endet damit, dass die Urenkelin derer, die zu Beginn des Buches in Ein Hod so friedlich ihrer Arbeit nachgehen, in Amerika mit einem Juden und einem Araber in einer Wohngemeinschaft lebt. Das ist vielleicht ein Anfang, wenn auch noch in der Fremde… aber vielleicht, vielleicht wird es irgendwann auch dort möglich sein, in jenem Land, das seit 1948 den Namen Israel trägt, das jedoch zuvor von Palästinensern bewohnt, bearbeitet, belebt wurde…
wie weit will man zurückgehen? Irgendwann kamen die Juden aus Ägypten dorthin, dann war es besetzt von den Römern… irgendwann stand es unter der Macht der Briten… wer hat das älteste Recht? Hat überhaupt irgendjemand das Recht, andere zu vertreiben, zu töten, einzusperren unter militärische Überwachung zu stellen und für kleinste Vergehen mit dem Tod zu bestrafen??? Ich meine: NEIN!


„Während die Welt schlief“ ist ein sehr lesenswertes Buch, das Einblick gibt in die Geschichte, das anregt, über selbige nachzudenken, das uns am Leben einer palästinensischen Familie teilhaben lässt, das so wundervoll geschrieben ist, dass ich zumindest, es nicht weglegen, sondern immer weiter lesen wollte.

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