Wer Sheldon Cooper aus der Fernsehserie „The Big Bang Theorie“
mag, der wird auch dieses Buch mögen… behaupte ich mal… jedenfalls geht es mir
so. Der Protagonist Don Tillman agiert ähnlich wie Sheldon in sozialen Räumen,
was zu skurrilen Situationen führt, die zumindest für den Leser, der ja nur
Beobachter ist und nicht involviert, durchaus amüsant ist. Mit einem solchen
Menschen tatsächlich zu interagieren führt sicherlich oft zu Verwirrung bei den
Beteiligten… darüber zu lesen jedoch macht einfach Freude… regt aber
auch zum Nachdenken an.
Don Tillman analysiert das Verhalten seiner Mitmenschen auf eine
sehr sachliche Weise, was dazu führt, dass man Dinge aus einem anderen, einem
nahezu emotionslosen, Blickwinkel betrachtet. Er stellt sich beispielsweise so
vor: „Ich bin neununddreißig Jahre alt, groß, durchtrainiert und intelligent,
mit relativ hohem gesellschaftlichem Status und überdurchschnittlichem
Einkommen als Assistenzprofessor. Gemäß den Gesetzen der Logik sollte ich für
eine ganze Reihe von Frauen attraktiv sein. Im Reich der Tiere würde ich mich
erfolgreich vermehren.“
Aufgrund der Tatsache, dass er auf „normalem“ Wege keine Partnerin
findet- trotz seiner offensichtlichen Eignung- entwickelt er das Ehefrauen-
Projekt. Er ist Genetiker, Wissenschaftler und also geht er das Ganze
wissenschaftlich an: er entwickelt einen Fragebogen… seine Argumente und
Einschätzungen von Situationen sind so, dass man sie rein intellektuell
nachvollziehen kann, aber der Mensch ist eben nicht nur Geist, er ist auch
Seele, er hat auch Emotionen… die meisten jedenfalls. Don jedoch hat zu
Emotionen, seinen eigenen, wie auch denen anderer nicht den Zugang, den der
Durchschnittsmensch offensichtlich hat. Konventionen sind ihm bekannt, er kann
aber in vielen keine Logik erkennen, die sie ja auch oft nicht haben… und
hinterfragt sie darum, stellt sie komplett in Frage oder ignoriert sie, eben
weil sie aus seiner Sicht keinen Sinn ergeben, keinen Zweck erfüllen… An vielen
Stellen dachte ich: er hat so recht!!! Es ist so sinnlos, überholt oder
verlogen, sich so zu verhalten… aber es ist eben gesellschaftlicher Konsens,
hat sich so entwickelt und also halten sich alle daran bzw. die meisten.
Don Tillman hat offensichtlich das, was Ärzte heute als „Asperger-
Syndrom“ diagnostizieren würden, aber er kommt gar nicht auf die Idee, dass
dieses Syndrom die Ursache für seine Schwierigkeiten sein könnte. Beim Lesen
dachte ich oft: es wäre für manche Menschen besser, wenn man auf eine Diagnose
verzichten würde, denn Don Tillman, der sich zwar seiner Probleme bewusst ist,
ihnen aber keinen Krankheitswert beimisst, kommt gut durchs Leben und
entwickelt auch Freundschaften. In einem Vortrag, den er über das Asperger-
Syndrom hält, erklärt er auf einen Einwurf der Moderatorin, in dem sie den
Begriff „Defekt“ für das Syndrom verwendet: „Defekt! Das Asperger-
Syndrom ist kein Defekt! Es ist eine Variante des Möglichen- vielleicht sogar
ein erheblicher Vorteil. Das Asperger- Syndrom ist mit hoher Organisations- und
Konzentrationsfähigkeit, innovativer Denkweise und rationaler Distanziertheit
verbunden.“ Diese Entgegnung gefiel mir sehr- ich stimme ihr uneingeschränkt
zu: eine Variante des Möglichen- das ist eine sooo gute Beschreibung!!!
Don Tillman ist anders als der Durchschnitt und der Autor Graeme
Simsion stellt ihn so liebevoll dar, dass man ihn einfach mögen muss… und sich
nach der Lektüre fragt, warum wir nicht in der Lage sind, Menschen einfach so
zu akzeptieren, wie sie sind, statt sie dem allgemeingültigen Bild anpassen zu
wollen…
Um auf die Geschichte zurückzukommen: das Ehefrauen- Projekt wird
„gestört“ durch Rosie, die plötzlich in Dons Leben tritt und so einiges über
den Haufen wirft in ihrer, wieder auf andere Weise unkonventionellen Art…
Es ist eine wahre Freude dieses Buch zu lesen und ich kann es
wärmstens empfehlen, denn… ja… ich galube, das trifft es, was ich beim Lesen
empfunden habe: Wärme, Nähe, liebevolle Zuneigung zu Menschen, die anders sind…
und ich dachte am Ende: was heißt das: Menschen, die anders sind? Wir versuchen
zwar, uns an Konventionen zu halten, aber jeder von uns hat doch seine Art und
Weise, die eine oder andere Konvention zu umgehen, zu hintergehen, zu
vermeiden… jeder ist irgendwie anders… und das ist ja auch gut so J